Beatrice Winkelmann

10. Artikel - Die Kirchgemeindestube

Kirchgemeindestube

Kirchenstube alt












1935

Kirchenstube neu












2023


Sitzungen, kirchliche Unterweisung und ab 1970 auch noch die Altersnachmittage fanden meistens im Pfarrhaus statt. Als ruchbar wurde, dass der Staat im ehemaligen Ofenhaus und Holzschuppen ein Verbandstofflager für Kriegszeiten einrichten wollte, kam im Jahr 1972 der Wunsch auf, in diesen alten Räumlichkeiten eine Kirchgemeindestube einzurichten.

Zwar war auch die Aussenrenovation der Kirche fällig, die mit erheblichem Finanzaufwand verbunden war. Aber weil damit gerechnet werden konnte, dass ein wesentlicher Teil der anfallenden Arbeiten durch Frondienst geleistet werden könnten, fand das Vorhaben in der Kirchgemeinde dennoch Zustimmung.

Der damalige Kirchgemeindepräsident Fritz Affolter, der zugleich Gemeindeschreiber war, setzte sich vehement für die Realisierung ein. Er bot den Männerchor und viele einzelne Personen zum Handanlegen auf. Heinz Bütikofer, Architekt, wurde mit dem Ausarbeiten eines Projektes beauftragt, kurz danach konnten die Arbeiten beginnen.

Zwanzig Männer des Männerchors begannen in der Dämmerung eines Sommerabends mit abbrechen, wegräumen und wegführen von allem was nicht mehr gebraucht wurde. Schwerstarbeit war das Herausnehmen des Waschtroges. Beim Holzhaus wurden Reste von Bsetzisteinen und Gerümpel entfernt, beim Sodloch Pumpe und Röhre entfernt. Bis kurz vor dem Bau konnte dort Wasser gepumpt werden. Während Jahrhunderten wurde im Pfarrhaus und noch vorher im Kloster von dem Wasser getrunken.


Brunnen
Plan



















Es gab viel abzubrechen, aufzuladen, fortzuführen, herauszureissen, fort zu pickeln und weg zu hämmern. Als die Garage abgebrochen war, entstand der Eindruck alles sei morsch und lotterig und viele meinten, man hätte besser alles abgerissen. Zum Glück waren die Männer anderer Meinung und unterstellten und sicherten alles sorgfältig mit Stüppern.

Endlich konnten neue Fundamente für die Seitenwände gebaut werden Beim Ausheben dafür kamen alte Scherben und Kacheln zum Vorschein. (Der Bau des ersten Wasch- und Holzhauses wird auf Anfang des 17. Jahrhunderts vermutet.)

Beim Herausputzen des Sodes in 15 Metern Tiefe kamen unter dem Wasser mehr als 4 Meter Dreck zum Vorschein, vor allem Zivilisationsdreck des 20. Jahrhunderts.

Alle paar Stunden wurde Herr Reber für Licht und Luft aus dem Loch hervorgeholt und nach kurzer Pause wieder hinuntergelassen, wo er weiter Material in Kessel füllte. Herr Grütter vom archäologischen Dienst untersuchte inzwischen den Schlamm nach Datierungsfunden. Es wurden alte Scherben, aber nichts aus der Klosterzeit gefunden.

Eine neue Mannschaft nahm unter Anleitung des Dachdeckers die handgemachten, alten Biberschwanz-Ziegel herunter, reichte sie von Hand zu Hand und stapelte sie sorgfältig. Unter den Ziegeln schienen die Balken morsch und faul und wieder meinten Stimmen, man hätte besser alles abgerissen und neu gebaut. Zum Glück lehnte dies der Fachmann und Dachdecker Hansrudolf Thomy jedoch ab und der alte Dachstuhl konnte gerettet werden. Der Dachstuhl wurde verstärkt und um die Garage verlängert, das Unterdach aufgebaut, gelattnet, die Ziegel montiert und alles unterschindelt, der Boden betoniert. Franz Gfeller arbeitete im Innern des Gebäudes die alte Steinwand mit den ursprünglichen Werkzeugen auf.

Im März 1973 wurde die unter grosser Unterstützung der Dorfgemeinschaft neu eingebaute Kirchgemeindestube mit einem Gottesdienst, einem Aperitif, offiziellen geladenen Gästen und einem Tag der offenen Türe eingeweiht.


Bericht verfasst nach dem Film «Kirchgemeindestube» von 1972 von Bernhard Ryter, ehemaliger Pfarrer in Frauenkappelen



Bereitgestellt: 07.11.2023    Besuche: 114 Monat