An dem Ort, an dem bis zum Anfang des 11. Jahrhunderts eine Marienkappelle stand, wurde 1296 eine Klosterkirche gebaut. Die Ost- oder Chorwand dieser Klosterkirche ist bis heute erhalten geblieben und ein Bestandteil der heutigen Kirche in Frauenkappelen.
Mauerwerk und Fenster
Die Architektur einer solchen Wand mit ihren Fenstern und Bemalungen war für damalige Ordenskirchen üblich. Die Wand wurde bei der Kirchenrenovation von 1574 zwar erweitert, doch die ursprüngliche Substanz ist dabei erhalten geblieben.
Die Bemalungen auf der Wand geben Hinweise auf die Grösse sowie auf die Form der damaligen Kirche. Die Wand ist teilweise mit einer Scheinquaderung versehen, so erscheint sie wie eine Mauer. Der Umriss dieser Quaderung macht die Grösse und die Form der einstigen Wand sichtbar. Am oberen Rand ist auch der alte Dachansatz erkennbar.
In der Chorwand befinden sich drei Fenster. Das mittlere, ein Spitzbogenfenster, ist ungefähr im 13. Jahrhundert entstanden. Das Masswerk des Mittelfensters wird als zentrales Dreipassmotiv bezeichnet. Nördlich und südlich davon befindet sich je ein Rundbogenfenster. Alle drei Fenster enthalten romanische und gotische Formen und sind zum gleichen Zeitpunkt entstanden, auch wenn sie nicht alle auf derselben Höhe liegen.
Wappen und Stifterbilder
Die Wandbemalung, von der bis heute einzelne Teile sichtbar sind, wurde in drei Phasen angefertigt. In der ersten Phase wurden Weihkreuze al fresco angebracht, was vermutlich eine erste Weihe der Kirche bezweckte. Diese Kreuze sind heute nicht mehr sichtbar.
In einer zweiten Phase, in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, ist die Quadermalerei entstanden. Die „Quader“ sind bis heute erhalten geblieben. Ausserdem sind zur gleichen Zeit zwei Medaillons entstanden, die in die Quadermalerei integriert wurden und je ein Kreuz zeigen.
In der dritten Phase, Ende des 14. Jahrhunderts, kamen drei Stifterbilder hinzu: Der Gnadenstuhl, Maria mit Kind und Johannes der Täufer. Auf dem Bild rechts des nördlichen Fensters ist der sitzende Gottvater abgebildet. In seinen Händen hält er den gekreuzigten Sohn. Eine solche Darstellung (meist mit einer Taube, die den Heiligen Geist darstellt) nennt man Gnadenstuhl – sie verbildlicht die Dreieinigkeit Gottes. Auf dem Bild rechts des Mittelfensters ist Maria mit Kind zu sehen.
Rechts vom südlichen Fenster befindet sich eine Darstellung von Johannes dem Täufer. Dieses Sujet konnte anhand der Fragmente der Bekleidung aus ockerfarbenem Fell, einem blauen Faltenwurf und einer Kopf- und Bartbehaarung rekonstruiert werden. Wie die beiden anderen Stifterbilder wurde auch dieses wahrscheinlich zur Zeit der Reformation beinahe bis zur Unkenntlichkeit zerstört.
Nebst den drei Stifterbildern entstanden zwei Familienwappen. Das Wappen links des nördlichen Fensters sieht demjenigen der Familie Krauchthal ähnlich. Das andere Wappen, das einen Adler zeigt, befindet sich rechts, oberhalb des nördlichen Fensters. Beide wurden über die Quadermalerei gemalt.
Quellen
Descoeudres, Georges, Frauenkappelen - Reformierte Pfarrkirche, Ergebnisse der archäologischen Grabungen 1987.
Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Frauenkappelen Kirche und Dorf, Schweizerische Kunstführer, 1975, S. 6-7.
Kirchenregion-Laupen, Geschichte unserer Kirche, Reformierte Kirchgemeinde Frauenkappelen (kirchenregion-laupen.ch), (zuletzt besucht am 26.08.2022).
Ryter, Bernhard, Juwel in Stadtnähe, Der Bund, 289, 1988, S. 39.
Tinguely, Roger, Konservierung und Restaurierung der Wandmalerei im Chor, Archiv Kirchgemeinde Frauenkappelen.