Beatrice Winkelmann

07. Artikel - Die Orgel der Kirche Frauenkappelen

Orgel-4 (Foto: Beatrice Winkelmann)











Zum 201. Orgeljubiläum 2022 in Frauenkappelen


201 Jahre was? 201 Jahre Stölli-Orgel; Wälti-Orgel? Oder sollten wir dieses Jahr das 34.
Jubiläum feiern? Deshalb, weil die Orgel, die wir heute hören, eigentlich (erst) 1988 gebaut
wurde.
Ja, Geschichte ist manchmal ganz schön kompliziert und auch selten ganz und gar
rekonstruierbar.
Mit Vorfreude hatte ich die Aufgabe übernommen, an dieser Stelle etwas über unsere Orgel
zu schreiben. In unserem Archiv befinden sich drei nicht sehr dicke Einlegemappen mit
Dokumenten – das sollte überschaubar sein und eben: rekonstruierbar. Doch, gefehlt!
Die Dokumente aus den 1820er Jahren kann ich nicht entziffern.

Die meisten Dokumente, aus den 1960er Jahren, erzählen die Geschichte einer Orgel, die
nicht mehr in unserer Kirche ist. Diese Dokumente zeugen von den Anstrengungen und dem
Engagement der Kirchgemeinde, nein, der ganzen Gemeinde, das Geld für eine neue Orgel
zusammenzubekommen; beinahe utopisch mutet dies heute an. Ein kurzer Ausschnitt aus
einem Schreiben vom 16. September 1963 «An alle Familien in Frauenkappelen: Liebe
Frauenkappeler, die letzte Kirchgemeindeversammlung hat dem Vorschlag zugestimmt, es sei
im Verlauf dieses Jahres wiederum ein Brot- und Züpfenverkauf in Bern durchzuführen
zugunsten der Orgelbaukasse. Obwohl wir wissen, dass unsere Bauern nach der sehr
mühsamen und verzögerten Ernte mit dringenden Herbstarbeiten vollbeschäftig sind, haben
wir uns entschlossen, den Verkauf in Bern […]. Der letzte Verkauf hat einen recht schönen
finanziellen Gewinn gebracht, und wir hoffen auch diesmal auf gutes Gelingen, wozu wir aber
auf Eure Unterstützung, insbesondere auf die Mitarbeit der Frauen, angewiesen sind.»
Mit Sicherheit kann ich zur Orgel in Frauenkappelen sagen:
Im September 1964 wurde die «alte» Orgel abgebrochen. Am 6. Dezember 1964 war die neue
Wälti-Orgel spielbar – auf der Empore an der Ostwand.

Bei der umfassenden Innenrenovation 1987/1988 baute die Firma Wälti eine «neue» Orgel
(Empore Westseite); ihr Auftrag war es, den erhaltenen Orgelprospekt von 1821 (siehe Foto)
zu verwenden und die «mutmasslichen Register der einstigen Orgel» wiederherzustellen.
Diese Orgel feiern wir!
Und was geschah mit der neuen/alten Orgel von 1964? Der Kirchgemeinderat informierte:
«Wir fügen hier noch die erfreuliche Nachricht an, dass unser bisheriges Instrument von einer
Evangelisch.methodistischen Kirchgemeinde übernommen wird. So kommt eine Freikirche
sehr günstig zu einem Instrument und uns wird vom Orgelbauer an unsere neue Orgel sogar
ein wenig mehr angerechnet, als wir seinerzeit dafür bezahlt haben.»
Meine Erkenntnis – als Pfarrerin sowie als Hobbyorgelforscherin: Dass von der Geschichte
immer Fragen und Rätsel bleiben – wie in Lebensgeschichten; und dass «Geschichte» uns
inspirieren kann, wenn wir die Spuren von damals ins Heute erkennen und evtl. die eine oder
andere dieser Spuren weiterziehen. So wie wir an Ostern vom Zeugnis und den Handlungen
der Menschen erfahren, die Jesus Christus NICHT im Grab vorfanden.
Claudia Miller, Pfrn. Frauenkappelen


Quellen:
- Archivmaterial FK
- Orgelbau Wälti: https://orgelbau-waelti.ch/werkverzeichnis/neue-orgeln/?id=132
Bereitgestellt: 05.10.2023    Besuche: 116 Monat